Endlich! Endlich konnten wir uns wieder auf dem „Con der langen Schatten“ treffen, um zusammen zu spielen, zu palavern und einfach eine schöne Zeit mit unserem Lieblings-Hobby zu verbringen. Nachdem uns der vermaledeite Virus leider großteils dazu gezwungen hatte, die Füße still, die Würfel im Beutel sowie die Rollen- und Brettspiele in den Regalen zu lassen. Man konnte also durchaus sagen: Das Spielevolk, es jubelte froh (übrigens ebenso wie das Orgateam, das diesmal erneut aus der bewährten Truppe Christoph, Jean-Paul, Karl-Heinz und Ralf bestand).
Aber der Weg zur Convention war diesmal durchaus mit einigen unvorhergesehenen, kurzfristigen Zwischenfällen gepflastert, die erst einmal überwunden werden wollten. Denn obwohl der Termin unserer Belegung vom 24. bis 28. November 2022 laut Vertrag schon seit eineinhalb Jahren feststand (nachdem wir die Veranstaltung zwangsweise zweimal absagen bzw. verschieben mussten), fanden die Vermieter wohl, dass ein paar Knüppel, die sie uns zwischen die Beine werfen, unsere Motivation ins Grenzenlose steigern würde.
Kurz und eher nicht so gut, etwa zweieinhalb (!) Wochen vor dem Start der Convention hieß es auf einmal, es würde am Samstag erstmalig eine „Wald-Weihnacht“ auf dem Parkplatz des Thomas Morus-Hauses abgehalten, die BesucherInnen würden dabei eine der Toiletten des Gebäudes benutzen und uns zusätzlich mit Tschingderassabumm (also einer Blaskapelle) beschallen. Was natürlich am Hauptabend der Veranstaltung, an dem wir u. a. die große Tombola abhalten wollten, eher suboptimal war. Unnötig zu erwähnen, dass die ganze Angelegenheit bereits beschlossene Sache war, ehe wir auch nur Kenntnis davon hatten.
Meine Stimmung war – nach drei Jahren des Wartens auf einen neuen „Con der langen Schatten“ – durch diesen Umstand also recht kurz vor dem Spiele-Event eher auf einem absoluten Nullpunkt, zudem ich auch noch in einem Nebensatz erklärt bekam, dass die unteren drei (!) Toiletten gerade renoviert würden und daher natürlich nicht für uns benutzbar wären. Ach ja, und von Freitag bis Sonntag sollten übrigens auch noch ehrenamtliche Helfer anwesend sein, die doch allen Ernstes während der laufenden Belegung mit diesen Renovierungsarbeiten weitermachen würden. Okay, ich organisiere jetzt zwar seit 1987 solche Veranstaltungen (wir erinnern uns – damals fand die erste „Roll & Die“-Con in Aichach-Oberwittelsbach statt), aber so was hatte ich bislang dann doch noch nicht erlebt. Doch all diese Hiobsbotschaften können einen abgebrühten Veranstalter nicht auf lange Sicht erschüttern, getreu meinem uralten Motto: „Alles für die Gäste, alles für die Con!“
Gibt es also noch eine Pointe, die eventuell aus diesem tiefen Jammertal herausführt und alles in entspanntem Gelächter auflöst? Ja, die gibt es tatsächlich. Denn natürlich ließ ich diese ziemlich dreisten Ansagen nicht auf sich beruhen und nach einigem Hin und Her fand die ominöse „Waldweihnacht“ samt Blaskapelle deutlich weiter entfernt vom Haus statt (wir mussten den Parkplatz also nicht am Samstag komplett räumen), unsere (verbleibenden) Toiletten wurden nicht von Außenstehenden benutzt (die dann dabei womöglich noch durch das ganze Haus flaniert wären) und es kam zum Glück auch kein Renovierungsteam ins Gebäude … Zudem wir bei der abschließenden Hausübergabe an den Hausmeister dann noch einige Dinge erfuhren, die das gesamte Vorgehen der Vermieter in ein ziemlich eindeutiges Licht rückten. Aber ich greife vor.
Zurück zur eigentlichen Convention. Los ging es diesmal ebenfalls wieder am Donnerstag und ich fand es absolut klasse, dass diesmal schon relativ viele TeilnehmerInnen am ersten Abend anreisten. Da verwunderte es dann auch nicht weiter, dass von den meisten Gästen schon kurz nach der Ankunft direkt enthusiastisch losgezockt wurde. Aufgrund unseres gut eingespielten Orgateams waren die meisten Vorbereitungen zum Zeitpunkt des Conbeginns zum Glück bereits abgeschlossen, darunter auch die Dekoration des Hauses, zu der erneut – neben diversen Roll-ups – eine Ausstellung von Zeichnungen zählte, die Illustrator sowie Special Guest David Staege mitgebracht hatte. Für mich hieß es am Nachmittag aber erst einmal, die Massen an mittlerweile aufgelaufenem Material in die Welcome Packages der Gäste zu stopfen, was mich deutlich länger als erwartet in Anspruch nahm. Zwischendurch begrüßte ich die BesucherInnen (mehr oder weniger kurz angebunden), die anschließend entweder die reichlich ausgestattete Brettspiele-Bibliothek in Anspruch nehmen konnten (ich glaube ernsthaft, wir hatten noch nie vorher so viele Spiele im Angebot), sich erst einmal zu entspannten Gesprächen zusammen fanden um richtig „anzukommen“, oder aber ihre selbst mitgebrachten Spielefavouriten auszupacken. Das Welcome Package sollte jedenfalls erst am Freitagabend „unleashed“ werden, eben dann, wenn die meisten TeilnehmerInnen eingetroffen waren.
Zwar war der Donnerstag bereits im Vorfeld ganz folgerichtig als „Warmspiel-Tag“ deklariert worden war, fanden bereits erstaunlich viele Aktivitäten statt. Darunter für mich besonders erwähnenswert war mein verspäteter Vortrag „Fan-sein durch Fan-zine“, der mit David als einzigem Zuhörer nicht ganz so gut besucht war, wie ich es mir vielleicht vorgestellt hatte. Aber Fortsetzung folgt! Zu später Stunde traf dann auch noch unser Special Guest Carsten Pohl ein, der fast sofort dazu überging, eines seiner legendären Szenarien namens „Same Procedure“ zu leiten, bei dem stets erstaunlich viel Live-Interaktion vorhanden ist. Fast – ja, fast – wäre es dabei zu einem romantischen Intermezzo zwischen Mitorganisator Ralf und mir gekommen, und das war nur eine der vielen grusligen Überraschungen, die uns dabei erwarten sollten (für mich war es aber mit großem Abstand die Schauderhafteste – ich habe jetzt noch schreckliche Albträume, aus denen ich schweißgebadet und mit noch weniger weißen Haaren als vorher aufwache)!
Apropos Special Guests: Leider hatten recht kurz vor der Convention sowohl Jens Schumacher als auch Swen Harder abgesagt. Das fand ich echt extrem bedauerlich (und vermutlich nicht nur ich), denn Ersterer ist ja nun wirklich als extrem kreativer und produktiver Spieleschaffender bekannt, der nicht nur Fantasy-, SF- und Horror-Romane schreibt, sondern ebenfalls am laufenden Band tolle Escape-Spiele oder Spielbücher produziert. Und z. B. die „Black Stories“ stammen ebenfalls von ihm. Immerhin hatte er sich nicht lumpen lassen und wirklich viele Preise für die „BIGGEST TOMBOLA EVAH!“ (dazu später mehr) gestiftet, die uns trotz seiner bedauerlichen Abwesenheit erhalten blieben. Dennoch hoffe ich selbstverständlich darauf, dass er uns baldmöglichst doch noch die Ehre gibt …
Swen wiederum ist natürlich vor allem durch seine legendären Spielbücher „Reiter der schwarzen Sonne“ sowie „Metal Heroes and the Fate of Rock“ in der Spieleszene bekannt wie ein bunter Hund, auch bei ihm bleibt zu hoffen, dass er es nächstes Mal einrichten kann, zu uns zu kommen.
Wo wir gerade beim Thema sind: Mia Shinda, ungekrönte Ikone der Cosplay- und Larp-Szene (sowie ohne Übertreibung einer der kreativsten und umtriebigsten Menschen, den ich kenne) ließ es sich zum Glück nicht nehmen, trotz ihrer Termine am selben Wochenende auf der „ComicCon“ Stuttgart frühmorgens am zweiten Contag bei uns vorbeizuschauen. Und sie hatte einen spannenden Vortrag über ihre Arbeit als Dark Art-Künstlerin und Model mit dabei, den am Freitag gegen Mittag der Großteil der anwesenden TeilnehmerInnen besuchte. Mia zeigte uns per Beamer einige großartige Bilder sowie Videos (u. a. von ihrem aktuellen Larpfilm-Projekt „Azukas Reise“) und plauderte dabei locker-flockig aus dem Nähkästchen. Für mich eines der ersten Highlights der diesmaligen Convention … Vielleicht schaffen wir es ja, dass sie uns bei einer unserer kommenden Veranstaltungen etwas länger erhalten bleibt.
Der Freitag stand dann ganz im Zeichen der Anreise vieler TeilnehmerInnen und dem Beginn des eigentlichen Conprogramms, aber natürlich erst, nachdem ein üppiges Frühstück samt literweise Kaffee verdrückt worden war. Wie seit vielen Jahren boten wir über die gesamte Dauer der Convention Tee, Kakao und Kaffee kostenlos an – ein Service, der immer wieder sehr gerne in Anspruch genommen wird. Getränke aller Art waren im Gebäude ebenfalls vorhanden und nachdem wir einmal Nachschub geordert hatten, musste auch definitiv niemand verdursten …
Unter den vielen an diesem Tag ablaufenden Spielen befanden sich u. a. „Roll for Adventure“, „Gierige Goblins“, „Coma Ward“ (und das war selbst für den „CDLS“ eher ziemlich schräg) oder eine freundschaftliche Commander-Partie „Magic: The Gathering“. Bei den Rollenspielrunden war z. B. eine „Warhammer“ 4th. Edition-Runde mit dabei, von allen anderen habe ich – Schande auf mein Haupt – leider selbst nichts mitbekommen. Aber als Organisator hat man halt irgendwie immer was zu tun (oder ich musste mich noch von den unsäglichen, zyklopenhaften Schrecken der vermeintlichen Romanze zwischen Ralf und mir bei Carstens Abenteuer erholen). Apropos zyklopenhafter Schrecken: Der nimmermüde Carsten hielt am Freitag einen Workshop zum Einsatz von Irrenanstalten, Psychiatrien und Sanatorien im Rollenspiel an.
Gianni Ventrella – noch ein Special Guest – bot an diesem Tag zudem Proberunden seines neuen Kartenspiels „Chosen“ und am Abend dann eine Runde des von ihm publizierten Rollenspiels „Scherbenfresser“ an. Und Rudolf hielt seine MitspielerInnen wohl ganz gut mit einem „Troubleshooters“-Abenteuer auf Trab.
An diesem Tag versammelten sich alle anwesenden TeilnehmerInnen dann erstmals im großen Konferenzraum, um sich von mir einige salbadernde Worte anzuhören (kurz gesagt: die offizielle Begrüßung sowie einige wichtige Infos zur Veranstaltung), und natürlich um ihr förmlich aus allen Nähten platzendes Welcome Package abzuholen. Und das war diesmal ohne jede Übertreibung wirklich prall gefüllt; u. a. enthielt es jede Menge gestiftetes Material befreundeter Verlage, aber ebenfalls zwei CDs mit Musik bzw. Soundfiles fürs Rollenspiel, das aktuelle „Schnutenbach“-Abenteuer „Rauchmauls Rache“ sowie „Im Bann des Blutmonds“, mein erst in diesem Jahr erschienenes Spielbuch „Elfenwald: Schatten über Cas'Ashar“ und das Soloabenteuer „Verrat auf Burg Hernatz“ (um jetzt nur mal einige Beispiele zu nennen). Jedenfalls fand sich einiges an exklusiv nur auf dem CDLS in dieser (gedruckten) Form erhältliches Material in den knallgelben Papiertüten. Und natürlich durften die obligatorischen Con-Buttons nicht fehlen, diesmal – aufgrund der zweimaligen Absage bzw. Verschiebung der Convention – sogar drei an der Zahl!
Am Abend war es für mich klar, dass ich Mia nicht wieder abfahren lassen wollte, ohne dass wir wenigstens ein gemeinsames Spiel gezockt hätten: Also wurden wir schnell noch zu „gierigen Goblins“, die sich bei diesem hektischen, witzigen Legespiel gegenseitig mit Monstern oder Dynamitstangen die Jagd auf Gold und Edelsteine vermiesten …
Für mich folgte anschließend aber der krönende Abschluss des zweiten Contags gemeinsam mit Ente und David, als wir ein „Escape from the Dark Castle“-Versuch wagten, der leider kurz vor dem Ziel – dem rettenden Burgtor – erbärmlich scheiterte. So sitzen wohl der Abt, der Koch und der Schneider nach wie vor in den gar schröcklichen Katakomben des fiesen Burgherrn gefangen … Und während wir also an unserem Ausbruchsversuch scheiterten, gab es nebenan bleigespickte Szenen aus „High Noon mit Zombies“ bei „Zombicide: Undead or Alive“.
Schon war der dritte Contag und somit der Samstag angebrochen. Und trotz nicht gerade weniger wegfallender Programmpunkte war dieser gespickt mit Programm, darunter der ersten „Kampf der Giganten“-Weltmeisterschaft, der „BIGGEST TOMBOLA EVAH!“ sowie dem neuen „NERD-Quiz“. Gianni hielt im Konferenzraum – besser bekannt als „Qual-Saal“ – eine kontroverse Gesprächsrunde mit dem Titel „Lass die Politik aus dem Spiel!“ über die vor allen in den letzten Jahren oftmals damit verbundenen Problematiken im Hobby (Beispiel: „Drow-Blackfacing“), bei der so ziemlich alle Beteiligten ihre Meinungen einbringen konnten und dies auch taten. Nebendran indessen kloppten sich der erst spät am Freitag noch angereiste Peter mit Christoph bei einem spannenden Spiel des Tabletopsystems „Das Lied von Eis und Feuer“ mit den Truppen der Starks sowie der Nachtwache. Warum auch immer diese beiden Fraktionen sich da die Schädel einschlagen mussten, es schien jedenfalls eine epische Schlacht zu sein …
Nochmal kurz zurück zu den eher besonderen Namen, die ich den verschiedenen Gruppenräumen auf dem Gebäude-Übersichtsplan gegeben hatte, den David freundlicherweise gewohnt kreativ angefertigt hat und im (leider veralteten, weil für das vergangene Jahr angefertigten) Conprogramm abgedruckt sowie in den jeweiligen Hausgeschossen zusätzlich aufgehängt waren. In meiner Kindheit hatte ich oft „Spukschloss“ gespielt und erinnerte mich nach wie vor an die ikonischen Namen der jeweiligen Räume wie „Wimmer-Zimmer“, „Traum-Raum“ oder „Jammer-Kammer“. Was lag da also näher, als die Räumlichkeiten des Thomas Morus-Hauses ebenfalls so zu benennen? Nicht nur, dass dann diese Namen direkt so in die Spielrundenaushänge geschrieben werden konnten und somit jeder wusste, wo er sich einzufinden hatte, für mich war es zeitgleich noch ein kleiner nostalgischer Rückblick in meine (Spiele-)Vergangenheit.
Der Samstag erlebte dann außerdem die erste „Kampf der Giganten“-Weltmeisterschaft, bei der die überarbeiteten Regeln in neuen Layoutgewand zum Einsatz kamen. Die nun folgenden, dramatischen Kämpfe verschiedener Fabelwesen aus den Mythen und Legenden aller Welt zogen sich über den Samstagnachmittag hin und offenbarten noch einige kleinere Regellücken sowie Optionen zur Optimierung der Regelformulierung. Aber insgesamt gesehen wurde durch die überarbeiteten Vorlagen der verschiedenen Kreaturen der Ablauf dieses traditionellen Turniers deutlich vereinfacht sowie beschleunigt (soll heißen, die Regelfragen hielten sich in Grenzen).
Am Ende obsiegte Patrick mit seinem gewaltigen Rok gegen Matthias mit der zweiköpfigen Amphisbaena. Den dritten Platz belegte Michael mit einem exotischen Ki'Rin. Übrigens sollen zu den bisher vorhandenen 66 „KdG“-Kreaturen noch 11 brandneue hinzukommen. Welche diese sein werden und was ihre geheimnisvollen Fähigkeiten sind, das wird erst die Zukunft weisen …
Dann kam der Samstagabend und somit zwei der Hauptattraktionen des diesmaligen „Con der langen Schatten“: Nämlich die „BIGGEST TOMBOLA EVAH!“ sowie das „NERD-Quiz“, die nacheinander im großen Konferenzraum (bzw. dem „Qual-Saal“) stattfinden sollten. Über drei lange Jahre hatte sich sehr viel Material angesammelt, von Fantasy-, SF- sowie Horroromanen über verschiedene Spielbücher bis hin zu Rollenspielregelwerken oder Escape-Games. Vor allem Spieleautor Jens Schumacher hatte sich hierbei als eifriger Spender von – oftmals sogar signiertem – Material hervorgetan. Aber auch verschiedene Verlage sorgten dafür, dass drei vollgepackte, sich unter der schweren Last ächzende Tische nicht mal annähernd ausreichten, um das von mir fleißig gesammelte Tombolamaterial aufzunehmen. Auch Mia hatte uns für diese Gelegenheit einen ihrer großartigen Fotokalender dagelassen. Nochmals vielen Dank an alle, die sich beteiligt haben.
Wie üblich sagte ich zu dem einen oder anderen guten Stück der Tombola noch ein, zwei Sätze, vor allem wenn ich an der Entstehung irgendwie beteiligt gewesen war. Julia betätigte sich als „Lotto-Fee“ und zog die Lose, die von mir für schlappe 50 Cent an die TeilnehmerInnen verkauft worden waren. Und damit konnte man für einen wirklich lächerlich niedrigen Betrag tolle Preise ergattern. Die Tombola zog sich dann tatsächlich ein wenig in die Länge, ganz einfach aufgrund der Menge des vorhandenen Materials. Dennoch schienen alle Anwesenden keine echten Ermüdungsanzeichen aufzuweisen, denn nach einer kurzen Pause waren die meisten beim neuen „NERD-Quiz“ schon wieder mit am Start. Vorher aber sorgten wir noch für ein kleines, überraschendes Intermezzo, indem wir dem Geburtstagskind Oliver einen kleinen Kuchen überreichten (standesgemäß mit folgendem Geburtstagsliedchen).
Beim folgenden Quiz konnten die TeilnehmerInnen sich dann bei 111 lächerlich leichten und mindestens ebenso vielen verdammt schweren Fragen für echte Nerds aus den Bereichen Film, Serie, Comic oder Buch blamieren oder mit Fachwissen glänzen. Das sorgte spielerisch für die eine oder andere Überraschung und bisweilen für Gelächter. Keiner nahm das Quiz zu verbissen, so dass meiner Meinung nach alle einen schönen Programmpunkt erleben durften. Als umjubelte „Queen of the Nerds“ entpuppte sich dann mit deutlichem Vorsprung Sandra, die einige der Fragen sogar ausführlicher beantworten konnte als eigentlich notwendig. Und natürlich kann es nur eine „Super-Nerdine“ geben, aber die Preisverleihung sollte erst am kommenden Tag vor der geplanten Versteigerung stattfinden. Dazu kommen wir noch.
Natürlich bedeuteten diese Programmpunkte noch lange nicht das Ende dieses vollgepackten Contages. So machte ich mich z. B. daran, einen echten, endlich neu aufgelegten Klassiker auszupacken: „HeroQuest“! Vier wackere Helden versuchten, meinen Monsterhorden zu trotzen, mussten nach zwei unerwarteten Todesfällen in einem gnadenlosen Dungeon aber einsehen, dass sie dieser epischen Herausforderung einfach nicht gewachsen waren und feige das Weite suchten …
Zwar hatte ich mir die Spielregeln dummerweise vorher nicht durchgelesen, aber wie sich herausstellte, ist auch die aktualisierte „HeroQuest“-Version noch genauso lachhaft einfach wie in den guten alten Zeiten. Was mich wiederum daran erinnerte, dass ich meine allererste Partie dieses Vorgängers so ziemlich aller modernen Dungeoncrawler in den Räumlichkeiten des „Ersten Erlenseer Rollen-, Simulations- und Rollenspielvereins“ e. V. absolviert hatte, den ich die große Ehre hatte, im Jahre 1988 als Gründungsmitglied mit ins Leben rufen zu dürfen. Hach ja, und noch so ein krasser Nostalgie-Flash.
Doch auch in den anderen Zimmern des Hauses wurde in dieser erneut laaangen Nacht fleißig gespielt. Nicht umsonst heißt einer der markanten Werbeslogans des „CDLS“ ja schließlich „Spiele rund um die Uhr“. In einem der Räume fand sich dabei in aller Heimlichkeit eine Gruppe von Kultisten zusammen, flüsternde Stimmen waren dort zu vernehmen, die eine grausige Geschichte aus „Cthulhu's Vault“ zusammen spannen. Bei diesem schaurig-schönen kollaborativen Karten-Erzählspiel in der Welt des kosmischen Horrors entpuppt sich irgendwann eine Person als erwachter Großer Alter, gegen den dann alle anderen kämpfen müssen. Diesmal obsiegte jedoch „General Ente“ und stürzte die Welt, ja, das ganze Universum in einen Abgrund des nicht enden wollenden Schreckens ...
Reichlich übermüdet startete so der Sonntag und somit der letzte Tag, an dem wir noch in großer Zahl gemeinsam unserem Hobby nachgehen würden. Denn leider verließen uns viele im Laufe des Tages bereits, weil sie am Montag malochen mussten. Liebe Leute, gönnt euch diesen Urlaubstag – es lohnt sich! Denn gerade in der letzten Nacht wird noch sooo viel gespielt und geklönt, das solltet ihr euch echt nicht entgehen lassen. Zudem wir ja nun eigentlich alle froh darum sein sollten, dass wir uns überhaupt wieder in dieser Form treffen können …
Doch zurück zum Sonntag, denn es gab noch einige Programmpunkte abzuarbeiten. Zunächst natürlich die Versteigerung, zu der uns der „Mantikore-Verlag“ freundlicherweise eine ganze Menge Material gestiftet hatte – darunter echte Raritäten wie z. B. das von James Cosmo (dem Lord Kommandanten) signierte „Nachtwache“-Supplement des „Das Lied von Eis und Feuer“-Rollenspiels. Nach der Versteigerung, an der sich die ConteilnehmerInnen durchaus spendabel beteiligten und während der so manches Schnäppchen zu ergattern war, folgte die Preisverleihung für die drei Erstplazierten des „Kampf der Giganten“-Turniers (diesmal mit gigantisch guten Medaillen sowie natürlich dem obligatorischen Süßigkeiten-Fressteller) und Sandra alias die „Queen of the Nerds“ durfte eine – mit einer exklusiv von David angefertigten Illustration gravierte – Glastrophäe entgegennehmen. Wer wird wohl im kommenden Jahr der oder die „Super-NERD(INE)“? Vielleicht du?! Schau mer mal.
Kurze Zeit später begann dann das angekündigte „Magic: The Gathering“-Turnier mit einem Booster Draft des aktuellen Sets „Der Krieg der Brüder“. Nur soviel: Jean-Paul und ich belegten den ersten Platz (denn wir mussten beim fünften Spiel aufgrund der Abreise eines Teilnehmers abbrechen, damit dieser noch seine Rares picken konnte), so dass ich für meinen Teil durchaus zufrieden sein konnte. Ich wusste doch, dass irgendwo in mir doch noch ein erfolgreicher Zauberkundiger steckt. Valk Valkhavaar lässt grüßen (erneut so ein oller Nostalgiemoment, aber das führt hier zu weit. Schaut dazu bei Interesse mal in die alten Vereins-Rundschreiben des „Augsburger SpieleSpieler“ e. V. rein – demnächst auf der „Zapfenstreiche“-Homepage zu finden).
Nach und nach reisten dann wie bereits erwähnt leider viele der ConbesucherInnen ab und es machte sich eine gewisse melancholische Stimmung breit. Was uns „Zurückgebliebene“ aber natürlich absolut nicht davon abhielt, auch am Sonntag wie die begeisterten Spiele-Maniacs zu zocken, die wir nun einmal sind. Im Gedächtnis geblieben ist mir dabei vor allem die mächtige „Scythe“-Runde, die Ralf gegen Abend noch angeboten hat.
Schließlich kam es aber, wie es kommen musste: Der letzte Tag des „Con der langen Schatten“ 2022 brach an. Eine gewisse Müdigkeit (wir sind schließlich alle nicht mehr die Jüngsten) machte sich mittlerweile eindeutig bemerkbar, aber dennoch wurde quasi bis fast zur letzten Minute gespielt. Zum Beispiel „Star Realms“, „Aventuria“ oder erneut „Escape from the Dark Caste“ (und diesmal haben sie es tatsächlich aus der Burg raus geschafft). Außerdem wurde fleißig ins Conbuch geschrieben und gezeichnet – Letzteres vor allem von David, der wieder einmal ein schöne Illustration zur Convention beisteuerte – aber auch viele der anderen TeilnehmerInnen wurden künstlerisch tätig. Hatte ich anfangs noch befürchtet, das Conbuch bliebe links liegen, so stellte ich doch am Ende fest, dass es gut war, diese alte, lieb gewonnene (und fast vergessene) Tradition aus meinen ersten Contagen erneut aufleben zu lassen. Danke schön, dass ihr euch daran beteiligt habt, diese bleibende Erinnerung in Buchform zu erschaffen. Natürlich ist das Conbuch bei der nächsten Veranstaltung erneut mit dabei. Und für alle, die mitgezählt haben … ja, das war bereits der vierte Nostalgie-Moment. Und ich bin stolz darauf!
Zum Glück verlief das „Groß-Reinemachen“ am Ende eines jeden „Con der langen Schatten“ diesmal einigermaßen zügig und problemlos ab, da alle recht motiviert waren, das Gebäude in einem guten, sauberen Zustand zu hinterlassen. Was ebenfalls bedeutet, dass wir diesmal ganz am Schluss eben keine Hinterlassenschaften wie stehengelassene Flaschen oder sonstige persönliche Habseligkeiten mehr fanden. Auch hier ein großes Dankeschön all jenen, die sich dabei ins Zeug gelegt haben. Dennoch mussten wir uns als Conorga – also nur zu viert – am Sonntag noch einige Stunden darum bemühen, das Thomas Morus-Haus in seinen Ursprungszustand zurückzuversetzen. Schlussendlich aber konnten wir unsere vorübergehende Heimat am Sonntagabend an den Hausmeister übergeben, der nichts zu beanstanden hatte. Beim abschließenden Gespräch kamen dann wie bereits gesagt einige „interessante“ Details zu den über unseren Kopf hinweg entschiedenen geplanten Aktivitäten (wie der „Wald-Weihnacht“ oder der am Wochenende eigentlich vorgesehenen Renovierung der unteren Toiletten) ans Tageslicht, die auch den Hausmeister alles andere als begeistert hatten. Jedenfalls fanden wir bei ihm vollstes Verständnis für unsere offensichtlich berechtigten Irritationen bezüglich des Vorgehens des KJG-Vorstands. Somit fand auch diese Geschichte quasi ein gutes Ende.
Alles in allem war ich persönlich vom lange herbeigesehnten Neustart des „Con der langen Schatten“ mehr als begeistert. Klar, die kurzfristig erfolgten Absagen einiger Special Guests fand ich nicht gerade prickelnd, ebenso wie die Tatsache, dass lange fest angemeldete TeilnehmerInnen dann doch nicht nicht anwesend waren. Einige (meiner) Programmpunkte hätte ich außerdem eigentlich ganz gerne umgesetzt – aber solange alle TeilnehmerInnen ihren Spaß haben und spielen, warum dann also im Nachhinein groß darüber grübeln oder womöglich ärgern? Die täglich stattfindenden Bestellungen unserer „Pizza-Pipeline“ klappten erneut super – sieht man jetzt mal vom eher ungünstigen Timing am Samstagabend ab – und meines Wissens gab es auch ansonsten keine größeren Probleme. Wir durften einige neue Gesichter vor Ort begrüßen, die für frischen Wind sorgten, aber ebenso viele alte Hasen, die uns immer herzlich willkommen sind. Zwar wird die Veranstaltung leider aufgrund der allgemein bekannten aktuellen Umstände ab kommendem Jahr etwas teurer werden müssen, aber wir als Orga hoffen, ihr bleibt unserem (jetzt wieder!) jährlich stattfindenden Spiele-Spektakel treu. Also … meldet euch an und seid dabei. Denn nie war der „CDLS“ wertvoller als heute.
Fotos von Christoph Walter, David Staege, Karl-Heinz Zapf und Michael Zink.
Illustration von David Staege